Fachbeiträge
Andreas Schuster
14.11.2018

M&A: Transport & Logistik

AUSGANGSLAGE
Die Transport- und Logistikbranche ist in den vergangenen Jahren von stetigem Wachstum gekennzeichnet, welches primär auf einer steigenden Globalisierung und der damit verbundenen geografischen Ausweitung bezüglich einer Zunahme internationaler Transporte basiert. Ein zweiter wichtiger Grund liegt in der Konzentration auf Kernkompetenzen im produzierenden Gewerbe und Handel sowie dem damit verbundenen Outsourcing zugunsten der Logistikdienstleister.

Das Jahr 2017 war in der Transport- und Logistikbranche ein Rekordjahr für Übernahmen und Fusionen mit einem Gesamtvolumen von > 130 Milliarden USD. Mehr als die Hälfte des Transaktionsvolumens ist auf den europäischen M&A-Markt entfallen, welcher weltweit in seiner Aktivität führend war.

Insbesondere der deutsche Markt entwickelt sich stark. Aufgrund des stabilen Heimatmarktes und der günstigen Finanzierungsmöglichkeiten streben deutsche Logistikdienstleister nach wie vor die Ausweitung ihrer Marktanteile in Europa an. Nahezu 100 Transaktionen mit deutscher Beteiligung konnten voriges Jahr abgewickelt werden; etwa die Hälfte der Deals betrafen den Logistik- und Straßengüterverkehrssektor. Bereits jetzt hat sich Deutschland mit einem Anteil von zuletzt ca. 25 % als Spitzenreiter im europäischen Markt für Logistik positioniert.

Der branchenübergreifende Mangel an geeignetem Dispositions- und Fahrpersonal und die damit verbundene Limitierung von organischen Wachstumsmöglichkeiten – selbst für etablierte Player im Markt – führt zu einem starken Konsolidierungstrend in der Branche. Das positiv geprägte M&A-Umfeld eröffnet insbesondere Gesellschaftern von KMUs lukrative Ausstiegsmöglichkeiten im Rahmen einer Nachfolgeregelung für ihr Unternehmen.

CASE STUDY
Dass es allerdings trotz des allgemeinen Konsolidierungstrends in der Transport- und Logistikbranche auf eine individuelle Einzelbetrachtung des Zielunternehmens ankommt, beweist der beispielhafte Vergleich zweier Transport- und Logistikunternehmen aus unserer Mandantschaft, welche sonntag in den vergangenen Wochen bei der Marktbegehung begleitet hat.

Mandant A ist ein hochspezialisierter Transportdienstleister aus der Fahrzeuglogistik, der innerhalb seiner Marktnische die Marktführerschaft innehat. Hohe Eintrittsbarrieren sorgen für eine nachhaltige Schutzblase des Nischenmarkts und hindern auch größere Marktteilnehmer am Eintritt in diesen speziellen Teilmarkt. Das spiegelt sich auch im Ergebnis wider. Mit einer EBIT-Rentabilität von ca. 30 % bei einem Umsatz von ca. 10 Mio. EUR erzielt Mandant A eine in dieser Höhe für die Branche ungewöhnlich hohe Rentabilität.

Mandant B ist ein klassischer Speditionsdienstleister ohne eigenen Fuhrpark, der für die Abwicklung der Transportaufträge auf vornehmlich internationale Subunternehmer zurückgreift. Durch die Spezialisierung auf den Warenverkehr zwischen Deutschland und Frankreich sowie einer hochqualifizierten, multilingualen Dispositionsbelegschaft konnte Mandant B sein Unternehmen auf einen Umsatz von ca. 30 Mio. EUR p. a. mit einem EBIT von ca. 1,5 Mio. EUR ausweiten.

Bei der Marktbegehung hat sonntag für beide Unternehmen ein Pool von ca. 250 potentiellen Interessenten identifiziert, die sich nahezu zu je 50 % auf strategische Investoren und Finanzinvestoren aufteilen. Eine nähere Betrachtung der Analyse der Marktbegehung zeigt, dass die Ergebnisse kaum unterschiedlicher ausfallen können:

Mandant A erhielt 17 Bewertungsindikationen aus der Marktbegehung, davon entfielen 15 auf Finanzinvestoren. Trotz eingeschränkter organischer Marktwachstums-möglichkeiten innerhalb der Nische konnte Mandant A seine Interessenten glaubhaft von der Nachhaltigkeit seiner Marge trotz marktzyklischer Risiken überzeugen. Die Bandbreite der Angebote lag bei einem EBIT-Multiple von 3,5 bis 8,2 in der Spitze zwischen ca. 10 und 26 Millionen EUR.

Die Interessenten schätzten insbesondere das Vorhandensein eines modernen Fuhrparks ohne aufgelaufenen Investitionsstau, die zielgerichtete Fokussierung auf die Marktführerschaft in der Nische sowie die Bereitschaft des Gesellschafters, das Unternehmen über eine Rückbeteiligung und eine strategische Beiratsposition auch im Nachgang zur Transaktion noch zu begleiten. Ebenfalls konnte Mandant A einen Digitalisierungsvorsprung im Vergleich zu seinen Konkurrenzunternehmen aufweisen – ein Aspekt, der in Zukunft für die Branche aufgrund der fortschreitenden Automatisierungstendenzen eine wichtige Bedeutung einnimmt.

Im Vergleich dazu konnte sonntag für Mandant B einen Eingang von 8 Bewertungsindikationen verzeichnen. Im Gegensatz zu Mandant A erhielt Mandant B das Gros der Angebote aus dem Lager der strategischen Investoren. Die aufgerufenen EBIT-Multiples lagen zwischen 2,0 und 8,0, so dass sich die Angebote in einem Korridor von ca. 3 bis 12 Millionen EUR bewegten.

Die Erstgespräche mit den Interessenten zeigten, dass auch relativ große Player am Markt nachhaltig Schwierigkeiten haben, organisch zu wachsen, da die gesamte Branche von Fahrer- und Dispositionsmangel betroffen ist. Anorganisches Wachstum durch den Zukauf eines kleineren Marktteilnehmers und der damit verbundenen Übernahme eines hochqualifizierten Dispositionspersonals ist dementsprechend die logische Konsequenz für die strategischen Interessenten aus der Branche.

Konträr zur Ausgangslage bei Mandant A hielten sich die Finanzinvestoren mit ihren Angeboten bei Mandant B vollständig zurück: Die Gefahr, das für das Geschäftsmodell unentbehrliche Dispositionspersonal (sogenannte “Walking Assets”) beim Ausscheiden des Alt-Gesellschafters an ein Konkurrenz-Unternehmen zu verlieren, wurde als zu hoch eingeschätzt. Ein weiterer Grund für die Zurückhaltung der Finanzinvestoren in Bezug auf einen Erwerb von Mandant B war der nichtvorhandene eigene Fuhrpark. Aufgrund des niedrigen Anlagevermögens wurde die Einwerbung von für eine Transaktion notwendigem Fremdkapital von den Banken als schwieriger eingestuft.

FAZIT
Die kurze Case Study zeigt auf, dass die Transport- und Logistikbranche auch in naher Zukunft einem erheblichen Wandel unterzogen ist und inwieweit individuelle Parameter der Zielgesellschaft eine Auswirkung auf die Beschaffenheit des potentiellen Käuferpools darstellen. Beim Rückgriff auf ein M&A-Beratungshaus wie sonntag profitieren Verkäufer von dessen profunder Markterfahrung und der zielgerichteten Auswahl an Interessenten. Die Zusammenarbeit mit Experten bietet den zusätzlichen Vorteil, dass sie die aktuellen Markttrends überblicken. Aufgrund der massiven Digitalisierungsbestrebungen in der Transport- und Logistikbranche mit dem Ziel, die Zukunftsfähigkeit zu sichern, gewinnen beispielsweise Buchungs- und Optimierungsplattformen an Bedeutung: Anhand derer können insbesondere einfache Transporte effizienter und kostengünstiger gestaltet werden. Dadurch rücken auch branchenfremde Unternehmen aus dem IT-Umfeld in den Suchfokus von Transport- und Logistikdienstleistern. Experten wie bei sonntag helfen somit auch, potentielle Käufer außerhalb der eigentlichen Branche zu identifizieren.